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Sprengtporten, eine facettenreiche historische Figur in den Wirren der europäischen und finnischen Geschichte

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Was haben wohl Georg Magnus Sprengtporten – der Gründer der Ristiina-Kadettenschule in Mikkeli und der erste Generalgouverneur des autonomen Finnlands – und Napoleon bei ihrem Treffen Ende des 18. Jahrhunderts in Paris besprochen? Oder worüber unterhielt sich Sprengtporten mit seinem Freund Casanova, dem bekannten italienischen Abenteurer, Schriftsteller und der eher umstrittenen Berühmtheit der europäischen feinen Gesellschaft? Ebenso interessant wäre es zu erfahren, welche Ratschläge er dem schwedischen König Gustav III. und den russischen Monarchen Katharina der GroßenPaul I. und Alexander I. bei ihren Bemühungen um die Beherrschung Finnlands gab. 

Sprengtporten bewegte sich in den Gesellschaftskreisen Europas und seine Geschichte ist eng mit den Umwälzungen der europäischen Geschichte im 18. und 19. Jahrhundert verknüpft. Die Meinungen über ihn gingen auseinander, wollte er doch Einfluss nehmen und hatte damit sowohl an europäischen Höfen als auch in Südsavo Erfolg. Befürworter der Unabhängigkeit Finnlands oder Verräter? Das kommt darauf an, aus welchem Blickwinkel man es betrachtet. 

Soldat und Offizier

Georg Magnus Sprengtporten wurde 1740 in Porvoo geboren, das damals zum Königreich Schweden gehörte. Als Sohn einer Militärfamilie schlug er eine militärische Laufbahn ein und trat in die Fußstapfen seiner Brüder. Unter Gustav III. von Schweden wurde er mit der Verteidigung Finnlands gegen Russland beauftragt.    

Niin Rinportti sanoo ja niin pitää tehä!

Sprengtporten war 1775-1779 Oberst und Brigadier der Savolaxer Brigade in Südsavo. Er war eine angesehene und beliebte Persönlichkeit in Ristiina, Mikkeli und entwickelte die Offiziersausbildung und die Geländekartierung. Sprengtporten genoss das Vertrauen der savonischen Bauernsoldaten, was sich in dem Spruch „Wir tun, was Rinportti sagt“ widerspiegelt (der Name Sprengtporten war für die Savonier schwer auszusprechen, weshalb sie ihn „Rinportti“ nannten).  

Er gründete die erste Militärschule Finnlands in Ristiina, Mikkeli, wo er finnische Bauern in militärischen Fertigkeiten ausbildete. Darüber hinaus reformierte er die Landkriegsführung, um sie besser an die Gegebenheiten in Südsavo anzupassen, und leistete Pionierarbeit bei der Kartierung des Geländes. Die militärischen Fähigkeiten der ausgebildeten Soldaten sollte Sprengtporten ein Jahrzehnt später auch am eigenen Leib erfahren. 

Old map of Ristiina from the 1700s.
Sprengtporten und seine Offiziere leisteten bahnbrechende Arbeit bei der Erstellung genauer Karten des Geländes von Südsavo. Diese Kartenskizze von Ristiina stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Unterstützer der finnländischen Unabhängigkeitsbestrebungen

Sprengtporten reiste 1779 nach Europa, nachdem er sich mit König Gustav III. von Schweden überworfen hatte und als Offizier zurückgetreten war. Er verbrachte einige Zeit in Paris, wo er u.a. Benjamin Franklin traf, einen bekannten Wissenschaftler und Politiker der Zeit, der die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von der Kolonialmacht England vorantrieb. Sprengtporten selbst versuchte, sich den französischen Streitkräften im amerikanischen Unabhängigkeitskampf anzuschließen, doch als die Pläne scheiterten, kehrte er nach Finnland zurück auf das Gut Seesta in Nastola. Dort skizzierte er die Regierungsform eines unabhängigen Finnlands und die Idee, Finnland mit Hilfe Russlands von Schweden abzuspalten.

Die republikanischen Ideen und Unabhängigkeitsbestrebungen in Europa und Amerika beeindruckten Sprengtporten, der seine Gedanken über die Unabhängigkeit Finnlands 1786 der russischen Zarin Katharina der Großen vortrug. Die Ideen waren für die Bestrebungen Katharinas der Großen nützlich und sie lud Sprengtporten ein, für Russland zu dienen.

Im Jahr 1788 begann Gustav III. den sogenannten Gustavskrieg gegen Russland, um Schwedens Status als Großmacht wiederherzustellen. Sprengtporten kämpfte in den russischen Truppen gegen sein ehemaliges Heimatland Schweden. Der Krieg Gustavs fand keine Unterstützung bei den schwedischen und finnischen Offizieren und Soldaten. Viele Offiziere legten ihre Ämter nieder und die Idee eines unabhängigen Finnlands begann in ihren Köpfen Formen anzunehmen. Die ersten Pläne wurden jedoch unterdrückt und die Offiziere, die diese unterstützten, wurden abgeurteilt.

Omat koirat purivat

Der Gustavskrieg wurde im Frühjahr 1789 in Porrassalmi, Mikkeli, fortgesetzt, wo Sprengtporten mit den russischen Truppen gegen die Schweden und die savonischen Soldaten kämpfte, die er einige Jahre zuvor in der Kadettenschule von Ristiina ausgebildet hatte. Am 13. Juni 1789 wurde er im Feuer der savonischen Soldaten verwundet und in seinem alten Bürogebäude in Brahelinna, Ristiina, behandelt. Streng genommen war die Kugel, die ihn traf, ein Knopf von der Uniform eines savonischen Soldaten; als den Soldaten die echten Kugeln ausgingen, verwendeten sie stattdessen die Metallknöpfe. Aus dieser Zeit stammt das Zitat von Sprengtporten und die finnische Redewendung „Omat koirat purivat“, was so viel bedeutet wie „Ich wurde von meinen eigenen Hunden gebissen“.

Holzhaus im traditionellen Stil mit kleinen quadratischen Fenstern. Vor dem Haus gibt es eine Steinmauer.
Das Gebäude der Kadettenschule in Ristiina. Hier bildete Sprengtporten finnische Soldaten und Offiziere aus. Das Foto wurde im Jahr 1906 aufgenommen. 

Einflussnahme auf die Wendepunkte der europäischen und finnischen Geschichte

Die Französische Revolution von 1789 versetzte die Monarchien in Europa in Angst und Schrecken und sie wollten den französischen Republikanismus unterdrücken. Doch es kam zu Unruhen: König Gustav III. von Schweden wurde 1792 erschossen, und der König und die Königin von Frankreich wurden 1793 auf der Guillotine hingerichtet.  

In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts zog Russland mit England und Österreich gegen Frankreich in den Krieg. Paul I. von Russland hatte Sprengtporten zum Generalgouverneur von Malta ernannt und ihn nach Paris geschickt, um im Jahr 1800 mit Napoleon über die Freilassung der russischen Kriegsgefangenen zu verhandeln. Die Verhandlungen mit Napoleon trugen Früchte, vielleicht auch dank der Feiern in Paris und der gemeinsamen Abendessen, die beide genossen.

Die Verhandlungen mit Napoleon sind sicher die beeindruckendste persönliche Leistung Sprengtportens als Diplomat. 

Russland und England kämpften bis 1807 gegen Napoleon, als Alexander I. von Russland ein Bündnis mit Napoleon schloss. Sprengtporten hatte Alexander I. ein solches Abkommen bereits zuvor empfohlen. Napoleon setzte Russland 1808 unter Druck, Schweden anzugreifen, um Schweden dazu zu bringen, sich dem Handelsembargo gegen England anzuschließen. Russland eroberte Finnland und so bildeten die östlichen Teile Schwedens das Großherzogtum Finnland, das die Autonomie erhielt, von der Sprengporten geträumt hatte.

Die Pläne von Sprengtporten für die Unabhängigkeit Finnlands wurden wieder relevant. Sprengtporten überzeugte Alexander I., das Parlament einzuberufen, und dass die Selbstverwaltung Finnlands eine gute Entscheidung wäre. Auf dem Reichstag von Porvoo erlangte Finnland 1809 die Selbstverwaltung, und Alexander I. ernannte Sprengtporten zum ersten Generalgouverneur des autonomen Finnlands.

Kosmopolit und Weltenbummler

Sprengtporten reiste durch Europa, den Kaukasus und die Mongolei. Er sprach mehrere Sprachen, darunter Finnisch, und verfasste Schriften auf Französisch. Er diente in der schwedischen, niederländischen und russischen Armee und war mit einer Finnin, einer Niederländerin und einer Russin verheiratet.

Sprengtporten behandelte seine Wunden, die er sich in der Schlacht von Porrassalmi zugezogen hatte, in den 1790er Jahren in europäischen Heilbädern. In Teplice, das heute zur Tschechischen Republik gehört, schloss er enge Freundschaft mit Giacomo Casanova, einem venezianischen Schriftsteller und Abenteurer, der an seinem Lebensabend ebenfalls die Bäder von Teplice genoss.

Casanova schätzte seine Freundschaft mit Sprengtporten, obwohl er seinen Freund in seinen Texten manchmal auch kritisch beschrieb. Casanova erklärte jedoch, dass Sprengtporten ihn nicht in schlechte Stimmung versetzen konnte, so sehr er sich auch bemühte.

Letzte Jahre

Seinen Lebensabend verbrachte Sprengtporten auf der Wassiljewski-Insel in St. Petersburg und im Sommer in Hietala in Wyborg. Noch in seinen letzten Lebensjahren schmiedete Sprengtporten Pläne für den Aufbau einer finnischen Nationalarmee. Georg Magnus Sprengtporten starb am 13. Oktober 1819 auf der Wassiljewski-Insel in St. Petersburg.

Sprengtporten brachte die Geheimnisse der französischen Küche nach Südsavo

Die Cousins Gustav III. und Katharina die Große waren beide Freunde der französischen Kultur und Küche, und zu ihrer Zeit verbreiteten sich die Rezepte der französischen Köche allmählich auch an den Höfen, auf den Adelsgütern und in den Küchen der einfachen Bürger in anderen Ländern.

Sprengtporten und seine Offiziere brachten die Einflüsse der französischen Küche, Essenstrends und Etikette auch nach Brahelinna in Ristiina. Während seiner Zeit in Ristiina wurden beispielsweise Assemblé-Veranstaltungen in Ristiina und den Nachbargemeinden organisiert, zu denen kleine Mahlzeiten und Tanzveranstaltungen gehörten. Anderswo in Savo wurden solche Veranstaltungen erst Jahrzehnte später üblich. 

Wie heutzutage in Südsavo wurden im 18. und 19 Jahrhundert saisonale Zutaten und Aromen geschätzt. Einheimische Kräuter wie Kerbel, Petersilie, Estragon, Rosmarin, Salbei und Thymian waren beliebte Gewürze. Reine Aromen erhielten den Stellenwert, den sie verdienten, wie in dem folgenden Rezept aus dem 18. Jahrhundert, das auch eine „ärztliche Anmerkung“ über die gesundheitlichen Vorteile des Essens enthielt.

In Brühe gegarte Zwiebeln

10 Zwiebeln
5 dl Brühe
½ Teelöffel getrockneter Thymian

Schälen Sie die Zwiebeln und lassen Sie sie langsam in der mit Thymian gewürzten Brühe köcheln, bis die Zwiebeln weich sind. Genießen Sie das Gericht beispielsweise mit Baguette oder als Beilage zu Fleischgerichten.

Ärztliche Anmerkung: Die Zwiebel ist eine gesunde Beilage, fördert die Darmtätigkeit, ist einigermaßen nahrhaft und steigert den Appetit sowie die Schweißbildung. Empfindliche Menschen sollten keine Zwiebeln essen, nur Zwiebelsaft ist für sie geeignet.

Einband eines französischen Kochbuchs mit französischem Text.
Französisches Kochbuch aus dem 18. Jahrhundert 

Auf den Spuren von Sprengtporten in Ristiina

Erfahren Sie mehr über die Geschichte von Brahelinna (auf Englisch) in Ristiina. Die alte Kadettenschule liegt in der Nähe von Brahelinna.

Machen Sie eine Radtour zu den Zielen in Ristiina, wo Sprengtporten im späten 18. Jahrhundert lebte. Route anzeigen.  

Quellen

  • Kopoteva, Inna & Hyyryläinen, Torsti & Uusitalo, Eeva & Riukulehto, Sulevi: Historiallista kulttuurimatkailua kestävästi (Entwurf eines Forschungsberichts auf Finnisch).
  • Mäkelä, Matti. Sprengtporten Georg Magnus 1740–1819 – Sotilas, poliitikko, kosmopoliitti. Workshop-Präsentation 7.9.2021 auf Finnisch. Gut Löytö, Ristiina.
  • Mäkelä, Matti, Mäntylä Jaakko. Kestävä kansainvälinen historiamatkailu, Kustaa III – Sprengtporten – Katariina II. Webinar-Präsentation für Geschichtsstudenten der Universität Jyväskylä 13.1.2022 auf Finnisch.  
  • Royer-Rantala, T. & Järsta, L. (toim.). 2005. Ludvig XV:n keittiömestari. Keittotaidon kannettava käsikirja. Otava Publishing Company, Helsinki. Original: Dictionnaire Portaif de Cuisinne, d’Office et de Distillation. 1767.
  • Saarenheimo, Eero 2006: Casanova ja Sprengtporten (auf Finnisch). Tammi. Helsinki.
  • Sprengtporten | Sprengtporten
  • Särkkä, Marjo: Savolax societé. Workshop-Präsentation 7.9.2021 auf Finnisch. Gut Löytö, Ristiina. 
  • Särkkä, Marjo: Kaskiviljelystä Kalevalaan. Workshop-Präsentation 9.11.2021 auf Finnish. Ollinmäki Weingut, Anttola. 
    Särkkä Marjo. Serkusten herkut. Workshop-Präsentation 23.2.2022 auf Finnish. Muisti Centre of War and Peace/Café Rauha, Mikkeli.